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BEIT NOAH - Herberge für den Frieden

Nun lebe ich seit fast drei Monaten hier in Abu Dis, habe gelernt, englisch zu sprechen und ein paar Worte arabisch, hatte viele Gespräche mit Studenten, die hierher kommen, war in ein paar Familien zu Gast und hatte mannigfache Kontakte mit hier lebenden Ausländern und ein paar Israelis, die sich auf dem Weg zum und in der Sehnsucht nach Frieden in diesem für Christen, Juden und Moslems Heiligen Land engagieren.

Ich weiß nicht, wie weit Ihnen die Situation in der Westbank bekannt. ist. Die Situation hier hat Uri Avneri, ein bekannter jüdischer Journalist, so beschrieben "Es ist die Situation eines Mannes, der aus einem brennenden Haus springt, um sein Leben zu retten, und auf einen anderen Mann, der auf der Straße ist, stürzt und diesen schwer verletzt..."

Nach vielen Kämpfen hin und her wollen die Palästinenser eine friedliche Lösung dieses Konfliktes in Gerechtigkeit, aber sie wollen ernst genommen werden in ihren Rechten und Interessen, und sie wollen nicht Menschen zweiter Klasse sein. Und jetzt, wo ich in der Westbank, einem von Israel seit 1967 besetzten Gebiet, lebe, kann ich das gut verstehen.

Israel setzt trotz aller Friedensverhandlungen den Ausbau israelischer Siedlungen(13 in den letzten Monaten) und Straßen (12 neue By-Paß Roads) in der Westbank fort. Dafür werden Häuser palästinensischer Bauern zerstört, Bäume gerodet, die Wasserquellen der Araber genutzt, und diese geraten in immer größer werdende Armut. Allein 1998 wurden in der Westbank 150 und in Ostjerusalem 25 Häuser zerstört

Die ganze Westbank ist ein Flickenteppich aus israelisch verwalteten Gebieten, Orten, die von Palästinensern verwaltet, aber von Israel kontrolliert werden (wie Abu Dis) und kleinen Enklaven, die palästinensische Autonomiegebiete sind, und gut kontrollierten Grenzen dazwischen, die von Palästinensern -und Waren - nur mit Sondergenehmigung passierbar sind. Die Grenzen werden willkürlich an bestimmten Tagen ganz für Palästinenser gesperrt, und das bedeutet für die in Israel arbeitenden Palästinenser, keinen Verdienst zu haben oder den Arbeitsplatz zu verlieren. Und ein politisches Einlenken von israelischer Seite ist nicht erkennbar, so daß Hoffnungslosigkeit und Resignation immer mehr Platz gewinnen und man die Geduld der Palästinenser eigentlich bewundern muß. Nach meinem Eindruck wissen die meisten Israelis gar nicht, was hier passiert. Sie sind zu sehr mit ihrem eigenen Leben beschäftigt, und sie vermeiden es, palästinensische Dörfer oder Städte zu besuchen. Sie leben in einer westlich strukturierten Welt mit all ihren Schwächen und Stärken, in einem Staat, der Staat und Religion nicht sauber trennt, und weitere Probleme bereitet die Integration der jüdischen Zuwanderer aus den verschiedensten Ländern mit ihrer jeweils eigenen Kultur. Es ist die gleiche Gleichgültigkeit, mit der wir Deutsche es fertigbringen, Obdachlose nicht wahrzunehmen...

Ich fange an, hier "heimisch" zu werden. Ich besuche manchmal Frauen in ihrem recht abgeschlossenen häuslichen Reich und bin überrascht von ihrer Phantasie, ihrem Frohsinn, ihrer Natürlichkeit. Ich kenne etliche Kinder. Die kommen vorbei, wir verständigen uns mit ein wenig arabisch und englisch oder über Kreidezeichnungen, und auf der Straße grüßen mich schon etliche Leute.

Ich nehme an meist von Israelis organisierten Aktivitäten gegen das Unrecht der Okkupation und Apartheid teil.

Und ich habe Not kennengelernt...meine Nachbarin, die zwei Jungen hat, die schwerst körperbehindert sind, und von ihr und der kleinen Tochter mangels Rollstuhl herumgetragen werden...einen liebenswerten jungen Mann ohne Arbeit, der nur noch "weg" will, und für den sein Freund eine gute Ehefrau aus dem Ausland finden möchte... einen Freund, der nicht weiß, wie er die Schulden, die durch die medizinische Versorgung seines auf ein Dialysegerät angewiesenen Vaters entstanden sind und weiter wachsen, begleichen soll... und ich weiß, daß ich nirgends wirklich helfen kann.

Den jungen Palästinensern, die mit mir in Beit Noah leben, ist bewußt, daß nicht "die Juden" diese Apartheid wollen, sondern einige Extremisten und die Politik des israelischen Staates. Sie wünschen sich, daß Menschen aus anderen Ländern ihre Situation wahrnehmen und erkennen, daß sie keine Terroristen sind, sondern Menschen, die in Frieden leben, studieren, arbeiten, ein Haus ohne Angst bauen, eine Familie gründen wollen... Wir leben hier als Familie mit allen kleinen Alltagskonflikten in einem für alle offenen Haus, und ich, aber auch alle unsere Gäste können die Liebe und Wärme spüren, mit der meine "Söhne" miteinander und mit anderen umgehen. Unsere Gäste - das sind vor allem Studenten der hiesigen Universität, Freunde des Hauses, Palästinenser und hier lebende ausländische Friedensarbeiter. Jugendliche aus Deutschland, Österreich und Frankreich, eine Holländerin und meine Mutter teilten in den letzten Wochen unser von der arabischen Lebensart geprägtes Leben. Eine der Hausregeln von Beit Noah beeindruckt mich besonders: Für Juden ist es nicht selbstverständlich, nach Abu Dis zu kommen. Aber wir leben, weil wir nur eine Küche haben , vegetarisch, damit es auch einem Juden, der das Haus betritt, möglich bleibt, mit uns zu essen...

Wir wünschen uns sehr, daß diese kleine Begegnungsstätte als eine "Oase des Friedens" für Vertrauensbildung und Verständigung erhalten bleiben kann. Wir teilen uns in die alltäglichen Haushaltskosten und das für die Gästebewirtung Nötige. Aber die vollen Kosten für Miete des Hauses, die Finanzierung meines Lebensunterhaltes - ein monatliches Taschengeld von 400,- DM - sowie die Verwaltungskosten (Papier, Porto, Teilnahmegebühren für Aktionen, Fahrgeld usw.) können die Palästinenser nicht aufbringen. Deshalb freue ich mich über die bisherige moralische und finanzielle Unterstützung, bitte erneut darum - und, wenn Sie mögen, besuchen Sie uns!


Spenden:
Ökumenischer Dienst im Konziliaren Prozeß e.V. (OeD)
Kt-Nr. 10 090 3736, BLZ 523 600 59 bei Waldecker Bank e.G.
Verwendungszweck: Beit Noah (bitte Absender für Spendenqittung fürs Finanzamt deutlich schreiben)


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